Lange hatte ich überlegt, ob wir im Urlaub einen Ausflug nach Mailand machen sollten. Dafür spricht, das es ziemlich einfach ist, der Zug fährt umsteigefrei stündlich bis Milano Centrale. Dagegen spricht, das man nur einen halben Tag Zeit dort hat, und das ist für eine Millionenstadt ziemlich wenig. Lange unentschieden, hieß es zum Schluss „Machen wir’s!“, und an unserem letzten Tag im Tessin geht es uns nun auf nach Mailand. Klar war aber, das es ein „kein Stress“ Ausflug wird. Wir wollten uns ein bisschen umschauen, alles was der Reiseführer so anbietet, abzuhaken, war nicht unser Ziel.
Es geht damit schon bei der Anreise ganz gemütlich los, Früher wie üblich aufstehen wollten wir nicht, und der Fahrplan passte jetzt nicht so zu unseren Gewohnheiten. Der Zug nach Mailand fährt jeweils zur Minute 25 ab Locarno, 55 wäre uns lieber gewesen. Da geht es jedoch nur bis Chiasso ohne Anschluss. Also warten wir erstmal eine halbe Stunde bevor es los geht. Um 10:25 Uhr pünktlich losgefahren, kommen wir gut zwei Stunden später nicht mehr ganz so pünktlich in Milano Centrale an. Und verglichen mit dem Hauptbahnhof einer italienischen Millionenstadt ist es in Locarno und Umgebung doch eher beschaulich. Wir werden in den freitäglichen Trubel hineingeworfen und brauchen etwas Zeit um uns zu orientieren.
Ich hatte beim letztjährigen Urlaub ja schon erwähnt, das der Tessinaufenthalt auf der ursprünglichen Idee, am Comer See Urlaub zu machen, basierte. Nicht mal zu einem Tagesausflug nach Como hatte es allerdings gereicht. Heute wird das korrigier und wir fahren nach Como. Von Locarno nach Italien zu kommen, ist recht einfach. Einmal die Stunde fährt ein „RE80“ Eilzug ab Locarno in knapp 2 Stunden nach Mailand und kommt auf dem Weg auch durch Como. Wir sind recht früh mit dem Frühstück fertig und wollen nicht warten, daher nehmen wir den nächstbesten Zug, der endet allerdings in Chiasso. Dort gibt es Anschluss nach Como.
In Chiasso kaufen wir erstmal Tickets für die Weiterfahrt Fahrt nach Como, denn das Ticino-Ticket gilt dort nicht mehr. 1,50 Euro kostet es pro Person. Dann gehen wir zum Gleis 11, wo der Zug bereits steht und erleben einen kleinen Kulturschock. Was wir da sehen erwarten wir eher in Neapel. „Uralte“ Personenwagen, ohne Klimaanlage, dafür mit offenen Übersetzfenstern und Plumpsklo, über und über mit Graffiti beschmiert, warten auf uns. Wie Google nach längerer Suche herausrückt, handelt es sich um Wagen vom Typ MDVC, gebaut in den 80er Jahren.
Tja, 2023 entwickelt sich nicht so gut. Aus persönlichen und familiären Gründen sieht es so aus, als wären längere und größere Reisen unmöglich. Ein paar Auszeiten können wir uns allerdings gönnen.
In der ersten Jahreshälfte ging es dabei nach Norden, an die Nordseeküste. Als erstes im April ein langes Wochenende in den Niederlanden. Nicht in unserem (irgendwie) Lieblingsort Zandvoort, sondern ein paar Kilometer weiter nördlich in IJmuiden. Das besondere war dabei die Übernachtung. Seit 2018 baut man dort an einem „Eco Resort“ mit inzwischen gut 30 Tiny Houses. Und da Tiny Houses seit einiger Zeit überall gehypt werden, waren wir etwas neugierig geworden und wollten wir diesen Übernachtungsstil mal ausprobieren. Es ist ja auf jeden Fall eine Abwechslung von den doch immer gleichen (mal etwas besseren, mal etwas schlechteren) Hotelzimmern.
Wir bleiben an der Nordsee, Im Mai ging für ein weiteres langes Wochenende wieder dahin, aber diesmal an die deutsche Nordseeküste. Wie es dazu kam ist eine fürchterlich lange Story, die im Prinzip Anfang 2020 begann, und damit niemand beim Lesen einschläft erzähle ich sie besser nicht. Jedenfalls waren wir hier nicht alleine, insgesamt waren wir mit sechs Personen unterwegs, zum Teil Freunde Stephans aus seiner Bundeswehrzeit bei der Marine, und darum ging es dann auch im Wesentlichen bei dieser Fahrt.
Ja klar doch. Zwei Wochen hatten wir Ende Juli/Anfang August. Was daraus geworden ist? Zwei Tage Zwischenstopp in der Mitte Deutschlands, auf dem Weg von Köln nach Böblingen in Kassel und dann noch ein paar Ausflüge ab Böblingen. Das Ganze läuft unter dem Titel „Wallenstein“. Um die deutsche Geschichte (den Feldherrn des 30jährigen Krieges) oder hohe Literatur (u.a. Schillers Trilogie über ihn) geht es hier nicht, gemeint ist der kleine Ort im Knüllwald südlich Kassel, der früher mal (als man in Pensionen, deren Zimmer mit „fl. k. W.“ angepriesen wurden, übernachtete) eine Hochburg des Kleinbürgertourismus war.
Wie komm ich ausgerechnet auf dieses Kaff? Es könnte sein, das dort noch Verwandte von mir leben. Der Kontakt ist jedenfalls bereits vor Jahrzehnten abgebrochen. Aber aus der Kindheit ist mir in Erinnerung, das meine Großmutter jedes Jahr im Sommer mehrere Monate dorthin verschwand, um bei der Bewirtung der Urlaubsgästen zu helfen. Und noch früher war meine Mutter während des Krieges zeitweise dort und erzählt noch immer davon. Auch ich wurde wohl in den 60er Jahren dorthin mitgenommen, an die größte Attraktion des Ortes, das Freibad, kann ich mich noch erinnern. Die Autobahn führt nun ziemlich nahe am Ort vorbei, und auf einer Fahrt von Stuttgart nach Hannover kam mir an der Ausfahrt Homberg/Efze die Idee „Hier müsste ich mal vorbeischauen, vielleicht erkenne ich irgendwas wieder“. Und das haben ich und Stephan nun umgesetzt.
Tja, und (etwas) größeren Urlaub gab es dann doch noch im Oktober. Eine Woche Urlaub konnten wir uns freimachen, aber wirklich nur knapp. Mach einer Vereinsveranstaltung am Samstag sollte es Sonntag morgens früh losgehen bis zum folgenden Samstag, denn am Sonntag drauf stand für Stephan schon wieder eine Dienstreise an. Da wir noch die Reste des Sommers genießen wollten, geht es nicht nach Norden, sondern in die entgegengesetzte Richtung. Bis zum Mittelmeer sind wir aber nicht gekommen, kurz vorher, im Tessin bzw. in Mailand, war Schluss. Übernachtet haben wir, wie im letzten Jahr, im ‚Hotel und Lounge Lago Maggiore‘ in Locarno.